Beziehungen zwischen Menschen können eigentlich sehr vielfältig aussehen – meistens sind es aber Pärchen. Dazu gehört meist dreierlei: Die Idee der romantischen Liebe, ein Mann* und eine Frau*. Und vor allem: sonst niemand.
– by UNTER PALMEN
Diese Heteropärchen sind Kern der gesellschaftlichen Organisation und damit an ihrem jetzigen Bestehen tiefgreifend beteiligt. Sie tragen beispielsweise bedeutend dazu bei, klassische Geschlechterrollen aufrecht zu erhalten. Weil aber die jetzige Gesellschaft eine ziemlich beschissene ist, sollten wir an all ihren Bestandteilen heftig rütteln.
Die romantische Zweierbeziehung ist ein Ideal, dass sich Menschen vor weniger als 250 Jahren ausgedacht haben. Wir lernen von klein auf, dass richtiges Zusammenleben (nur) so aussieht: eine romantische Liebesbeziehung und einige Freund_innen – es wirkt wie selbstverständlich. Pärchenbeziehungen sind in einer Gesellschaft, in der man sich immer mit allen messen muss, ein guter Rückzugsort: Man fühlt sich sicher, weil das Gegenüber verlässlich ist und möglichst ausschließlich für einen selbst da sein soll. Außerdem stellt niemand dumme Fragen. Während man für andere Beziehungsformen hingegen oft Unverständnis oder gar körperliche Gewalt erntet. Frauen* trifft das heftiger als Männer*: Sind sie nicht in einer Beziehung, werden sie als Schlampen bezeichnet oder als gefühlskalt verdächtigt. Zudem wird durch die scheinbar klar definierten Kategorien Freundschaft oder Liebe der Umgang mitei-nander leichter.
Also auf in die Zweierbeziehung? Obwohl es viele triftige Gründe gibt, warum Menschen so leben, können Pärchenbeziehungen gehörigen Schaden anrichten. Ein zentrales Problem ist die Idee, dass man jemandem gehört. Der Eigentumsgedanke greift auf die zwischenmenschliche Ebene über. Auch das trifft Frauen* härter. Neben Sexualität und emotionaler Unterstützung wird auch oft auf Freundschaften oder das Aussehen der_des anderen Einfluss genommen. Krasse Verlustängste oder Eifersucht sind dabei ein Beispiel dafür, dass es leider viel um Kontrolle und Besitz geht und nicht um die eigentliche Zuneigung. Zudem wird durch stereotype Muster weniger frei über eigene Bedürfnisse und Gefühle nachgedacht und geredet. Es kommt schnell zu Missverständnissen, Frust und Streit, weil der Druck mit einem Menschen alles zu erleben und gleichzeitig die Angst, denjenigen zu verlieren, enorm groß ist. Und auch die Freund_innen bekommen oft sehr ungut zu spüren, dass sie schlichtweg weniger wert sind.
Das alles kann also schon ordentlich verletzen. Aber das Gute ist: Es gibt nicht ein Gegenkonzept, sondern viele. Dabei gilt: Communication is quing. Richtig spannend wirds vor allem dann, wenn Freundschaften und Partner_innen nicht mehr zwei verschiedene Sachen sind. Wenn Menschen miteinander über ihre Bedürfnisse reden und darüber, wie sie ihr Verhältnis gestalten wollen, ganz ohne entweder-oder. An erster Stelle steht dabei, sich darüber im Klaren zu werden, was man selbst möchte und dann gemeinsam versucht, Lösungen zu finden. Zwar kann darüber zu sprechen viel Arbeit sein, aber wenn man ehrlich und respektvoll miteinander umgeht, kann viel Schönes entstehen.
Mehr:
Schlampen mit Moral
Ein Buch von Donnie Easton & Janet W. Hardy, erschienen im mvg-Verlag.
Polyamory
Ein Buch von Thomas Schroedter und Christina Vetter, erschienen in der Reihe theorie.org.
Wer A sagt muss nicht B Sagen
Ein Zine von asexyqueer, online verfügbar unter heavymentalzine.wordpress.com